Übersetzung: Trommons.org

„Die Idee hinter diesem Bericht ist, die Geschichte des Konfliktes zu erzählen und zu kennen, damit sie sich nicht wiederholt. Und wir tun dies, damit die im Bestehen begriffenen bewaffneten Gruppierungen daran erinnert werden, dass wir hier, in Uraba, in Frieden leben wollen.” Diese Überlegung stellt Tulio Ortíz an, einer von 50 Teilnehmern, die den Kurs „Chronik: Gebiet, Frieden und Entwicklung” in Uraba, Region Antioquia, erfolgreich absolviert haben.

Tulio ist Gemeindeleiter im Arbeiterviertel von Apartado, wo er zusammen mit den Jugendlichen Prozesse erarbeitet. Dieser Kurs war für ihn „eine wunderbare Erfahrung, um eine wichtige Arbeit in dieser Gemeinde zu leisten, zumal ich genau in dem Häuserblock wohne, in dem das Massaker von La Chinita stattgefunden hat. Dort liegt noch viel Arbeit mit den Opfern vor uns.”

Die Abschlussfeier fand am 25. Oktober im Sitz der Universität von Antioquia in der Stadt Carepa statt. Die Teilnehmer erhielten eine Urkunde für das Bestehen des 144 Stunden umfassenden Kurses, der unter anderem folgende Themenbereiche beinhaltete: Erinnerungsberichte; Opferrechte und Schadensersatz; Gemeindeleitung; Frieden, Versöhnung und Leben nach Konfliktende; Demokratie und Gebietsbebauung.

Die Teilnehmer waren Enteignungsopfer, Sozialpolitker, Beamten in den Bereichen Menschenrechte und Lehrer wie Ana Cristina Serna Zapata, Rektorin der Bildungseinrichtung Institución Educativa 29 de Noviembre im Landkreis Nueva Colonia de Turbo. Sie bestätigt, dass sie bessere Fähigkeiten erlernte, um die 270 vertriebenen Kinder an ihrer Schule zu unterrichten.

„Ich wurde eingeladen, an diesem Kurz teilzunehmen; er half uns, uns selber kritisch zu betrachten. Im Moment sind wir dabei, den Lehrplan zu überarbeiten, denn wir hatten uns nicht allzu sehr damit beschäftigt, was für Folgen die Vertreibung auf die Kinder hat und wie wir dieses Thema im Unterricht angehen sollten, um es ihnen bewusster zu machen,” erklärte Serna Zapata.

Getreu dieser Linie betrachtete Glen González Torres, Mitglied der Opferorganisation Tierra y Vida, diesen Prozess als eine Möglichkeit, um die Fähigkeiten der Bezugspersonen zu verbessern und die Arbeit aus den Organisationen heraus zu fördern.

„Wir leben in einer konfliktreichen Zone und wir Verantwortliche halten viele Bedrohungen aus; uns wurde viel Schmerz zugefügt, aber in dem Kurs haben wir gelernt, dass man nicht aufgeben darf, dass man Alternativen suchen und zusammen arbeiten muss; ich glaube genau so werden wir das erreichen was wir möchten, nämlich Frieden,” sagte González Torres abschließend.

Der Kurs „Chronik: Gebiet, Frieden und Entwicklung” wurde von der Gruppe Unipluriversidad der pädagogischen Falkutät der Universität Antioquia, dem Instituto Popular de Capacitación–IPC und dem Museum Casa de la Memoria mit Unterstützung der kooperierenden Einrichtungen Solidarité Socialiste (Solsoc) aus Belgien und Misereor aus Deutschland, des Regionalsitzes der Universität von Antioquia und des Capítulo Uraba der Organisation Tierra y Vida durchgeführt.

Der Prozess geht weiter: Bilanz der Dozenten

Diplomado Uraba Graduacion 3Die erste Bilanz des Kurses, in den Worten von Félix Berrouet, Vorsitzender der Gruppe Unipluridiversidad der pädagogischen Fakultät der Universität von Antioquia, lässt erkennen, dass die Kursteilnehmer, allesamt Opfer, ihren jahrelang unterdrückten Schmerz äußern konnten.

Eine zweite Beurteilung, fügte Berrouet hinzu, ist die Wichtigkeit, den Konflikt als einen Territorialkonflikt zu verstehen, da die Personen in Uraba, abhängig von der Zone in der sie leben, den Konflikt sehr unterschiedlich darstellen. Diese Beurteilung zeigt die Notwendigkeit, im Hinblick auf die Opfer gebietsbezogen vorzugehen.

Eine dritte Beurteilung hat mit der Annäherung zu tun, die einige Lehramtsstudenten der Sozialpädagogik der Universität von Antioquia erfuhren. Auf dieser Erfahrung basierend, schreiben sie ihre Abschlussarbeit, um an das Ausmaß dieser Thematik vom Standpunkt der Forschung aus heranzuführen, schlussfolgerte der Universitätsprofessor.

Lucía González, Direktorin des Museums Casa de la Memoria, hofft ihrerseits, dass die Absolventen des Kurses die Wichtigkeit des Erinnerungsberichtes wiedergeben und selbst Chroniken erstellen.

Laut Lucía González kommen die Chroniken der Gemeinden vor denen der Institutionalisierung; dies ist die einzige Möglichkeit sicherzustellen, dass es keine staatliche Version der Geschichte gibt sondern viele Erfahrungsberichte, in die das in diesen Gebieten inmitten der Konflikte Erlebte direkt einfließt.

Die Museumsdirektorin fügte hinzu, dass momentan mit diesem Kurs eine Etappe zu Ende geht, dass sie aber „hoffen, dass dieser Prozess länger anhält, da wir viele neue Erkenntnisse erlangt haben, die uns erlauben, die Ängste und Bedürfnisse der Gebietseinwohner zu verstehen und gleichzeitig die nötigen Anpassungen an diesem Arbeitsmodell vorzunehmen gegen das Vergessen der Konflitke und der Gebiete, um es in andere Gemeinden zu tragen, wohlwissend, dass jede ihre eigenen spezifischen Bedürnisse hat.”

Für Martha Lucía Peña, Expertin in Humanwissenschaften des IPC, ist das Vorhaben dieser Allianz mit der Universität von Antioquia und dem Museum Casa de la Memoria, einen Prozess in einem Gebiet wie Uraba zu festigen, mehr als ein pädagogischer Moment, der wegen der Auswirkungen des Konfliktes und des Widerstands der Opfer emblematisch für jeden zukünftigen Friedensprozess in Kolumbien ist.

Während des Kurses wies Martha Lucia Peña auf die Wichtikeit hin, die Ausbildungsinstitutionen zu koordieneren und stellte klar, dass dieser Kurs ohne das Mitwirken der Universität von Antioquia nicht der gleiche wäre. Aber berzüglich der lokalen Institutionalisierung wies sie außerdem darauf hin, dass „es ein schwieriges Thema ist, da in Uraba der Staat in den Händen der Interessen von einzelnen Privatpersonen ist.”

In dieser Region, befindet die Expertin des IPC, „ist der Wille der Institutionen, die Gemeinden, die Landbevölkerung und die Opfer zu unterstützen, noch sehr schwach. Daher müssen neue Prozesse geschaffen werden, um die Institutionalisierung in Uraba umzugestalten.”

Bis jetzt sind es Führungspersönlichkeiten wie Tulio, die anfangen, ihre Vorschläge zu präsentieren, wie zum Beispiel den, in den Lebensläufen der Schüler einen zusätzlichen Abschnitt mit einer Chronik der bewaffneten Konflikte in Kolumbien einzufügen, damit die Kinder und Jugendlichen über sie Bescheid wissen und sie sich somit nicht wiederholen.